Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Biel um 1885

Stadt Biel - Lithographien - Nutztiere - Städte - Stadtzentrum - Tram



Um das Bild in Original Qualität herunterzuladen müssen Sie eingeloggt sein

In den meisten von uns weckt ein Rösslitram Erinnerungen an eine gute, alte Zeit, die noch einen gemächlicheren Lebensrhythmus kannte. Die Zeitgenossen des Bieler Rösslitrams erlebten das anders - dank der Pferdestrassenbahn erhielten viel mehr Menschen die Möglichkeit, sich im entstehenden städtischen Raum mit beschleunigtem Tempo zu bewegen.

Wie die Lithographie von Gottlieb Weisshaupt aus dem Jahr 1885 zeigt, befand sich Biel damals in einer Phase raschen Wachstums - die Ebene nördlich der Bahngeleise, bereits von rechtwinklig angelegten Strassenzügen unterteilt, wurde mehr und mehr überbaut. Um näher darauf einzugehen, folgen wir der Route einer Pferdestrassenbahn, die sich von Nidau her der Stadt nähert.

Die von oben links in Richtung Bahntrassee verlaufende Strasse wird beidseitig von Schatten spendenden Bäumen gesäumt. Die Geleise des Rösslitrams kreuzen zuerst die Eisenbahnlinie nach Neuenburg, dann jene nach dem Jura, um anschliessend parallel zu den Bahngeleisen den 1864 erbauten, am heutigen Guisanplatz gelegenen zweiten Bieler Bahnhof zu erreichen. Dem Bahnhof gegenüber liegt das Hotel Bielerhof, das eben erst einen markanten, mit Kuppeldach versehenen Anbau erhalten hat. Auf dem Bahnhofplatz, der wohl wichtigsten Haltestelle, kann das Pferd ein wenig ruhen.

Dann führt der Weg  einem erst entstehenden Quartier entlang. Auf der Nordseite der Bahnhofstrasse reiht sich ein Neubau an den anderen, wegen fehlenden Bauvorschriften sind die Gebäude unterschiedlich hoch gebaut. Die Südseite ist noch weitgehend unbebaut, erst gegen den Zentralplatz stehen einige Gebäude, darunter das Hotel de la Gare mit seiner Gartenwirtschaft.

Am Zentralplatz macht das Rösslitram eine Linkskurve - es nimmt Kurs auf die stolze Zentralstrasse, die das ab dem Jahr 1857 erstellte Neuquartier erschliesst.  Die rechte Strassenseite ist noch unbebaut. Hinter den Bäumen ist das Schädelismatt-Gut erkennbar, in dem Jean Sessler seine Zigarrenproduktion untergebracht hat. Das Neuquartier beginnt erst mit dem folgenden Häusergeviert - hier wohnen neu in die Stadt gezogene Uhrmacherfamilien, aber auch viele Angehörige der politischen Elite der Stadt. Die Tramgeleise führen am Brunnenplatz und am Burgerschulhaus vorbei zur 1882 eröffneten Hauptpost auf der Mühlebrücke - eine wichtige Station, da das Rösslitram auch Posttransporte macht.

Dann wendet sich das Tram nach rechts. Bald erreicht es die Kanalgasse - in dîesem Bereich ist es leider zu Ungenauigkeiten gekommen, da die Unionsgasse in die Kanalgasse einzumünden scheint.  Die Schüss liegt abschnittweise noch frei, und noch dominieren hier die Fussgänger. Der Weg führt am späteren Gassmann-Areal vorbei, wo zwischen den Gebäuden noch viele Bäume wachsen.
Bei der 1881 erbauten Druckerei Schüler wenden sich die Geleise nach links und erreichen die Juravorstadt, einen früheren Verkehrsknotenpunkt. Es ist nur gut zehn Jahre her, seit die letzte Postkutsche von hier aus in den Jura gefahren ist und seit das Obertor abgebrochen wurde - in der vergeblichen Hoffnung, damit wieder mehr Verkehr in die obere Altstadt zu holen. Das Rösslitram wendet sich ein letztes Mal nach rechts. Den alten Fürstenspeicher lässt es links liegen, doch auch dort hat der technische Fortschritt Spuren hinterlassen:  Drei Jahre zuvor hat Matthäus Hipp hier das erste elektrische Licht eingerichtet, das die Eisfabrikation der Brauerei Walter beleuchtet.  An der Brasserie Walter und der Villa Choisy vorbei erreicht das Tram schliesslich die fünfzehn Jahre zuvor erbaute Römisch-katholische Kirche, bevor sie den Bildausschnitt  in Richtung Bözingen verlässt.



Autor: Edition Gottlieb Weisshaupt, Bienne / Quelle: Sammlung Christoph Lörtscher um 1885
Format: 33 x 45 cm
Originalqualität: 2.36 MB