Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Die Hilfsaktion für Wien 1919

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Soziale Not in der Schweiz: Die Verarmung breiter Bevölkerungskreise war ein wesentlicher Grund für den Landesstreik (11. –14. November 1918). Wegen Kohlenmangels war die Versorgungslage auch 1919 schlecht, und die Rationierung der Lebensmittel konnte noch nicht aufgehoben werden.

Hunger in Wien:
Nach dem Ende des verlorenen Weltkriegs war die österreichische Hauptstadt von Soldaten und Flüchtlingen überfüllt. Aus politischen Gründen sperrten die Siegermächte die Grenzen, und in Wien brach eine akute Hungersnot aus. Am 2. Januar 1919 appellierte der Wiener Bürgermeister an die Weltöffentlichkeit, der Stadt beizustehen.

Die Schweiz hilft: Der Hilferuf aus Wien fand in der Schweiz ein gutes Echo. Eine gesamtschweizerische, überparteiliche Hilfsaktion verband den Gedanken der internationalen Solidarität mit jenem der Hilfe für die schweizerische Schuljugend: Im Januar 1919 wurde die Bevölkerung aufgerufen, trotz Rationierung für die Brotversorgung der Schulkinder und die Lebensmittelversorgung der Stadt Wien zu spenden.

Die Hilfsaktion in Biel: Im Januar 1919 gingen Schülerinnen der Mädchensekundarschule und Gymnasiasten mit zwei Sammelbüchsen von Haus zu Haus: eine Sammelbüchse war für Brotkarten bestimmt, die andere für Rationierungskarten dauerhafter, für den Transport nach Wien geeigneter Lebensmittel.

Die Bedeutung der Aktion:
Die Bieler Bevölkerung wurde erstmals für die Situation in Wien sensibilisiert. Erst später war die Annäherung zwischen den beiden Städten politisch motiviert: Wien wählte 1919, Biel 1921 eine sozialdemokratisch geprägte Stadtregierung.


Autor: Christoph Lörtscher / Quelle: Diverse 2010