Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Der Kulturkampf

Berner Jura - übrige Orte - Alltag - Gesetze - Inlandpolitik - Inlandpolitik - Religion




Die Wurzeln des Kulturkampfs gründen allerdings weiter zurück. Das 19. Jahrhundert lag zeitlich wenig fern von der Französischen Revolution, durch welche die geistigen und politischen Haltungen nachhaltig geprägt wurden. Die Konservativen stellten sich mit ihren Versuchen zur Restauration gegen jene, die mit den Ideen der Revolution sympathisierten und bestrebt waren, deren Erbe fortzusetzen. Insbesondere wehrte sich die Römisch-katholische Kirche gegen den Liberalismus, den Sozialismus, den technischen und industriellen Fortschritt, den Rationalismus und gegen säkularistische Tendenzen. Der Kulturkampf kann als Konflikt zwischen den Werten des Katholizismus und jenen der Moderne angesehen werden.

In der Schweiz bildeten sich zwei Lager, worin die Kantone mit einer liberalen Verfassung denen mit einer konservativen Verfassung gegenüberstanden. Die Streitereien zwischen Kirche und Staat kulminierten während des Sonderbundkrieges 1847, den die liberalen und progressiven Kräfte in Richtung eines modernen Bundesstaats führten. Im Jahr 1848 wurde die Schweiz vom Staatenbund zum konfessionell neutralen Bundesstaat, der sich nicht länger an die Kirche gebunden sah und schon gar nicht mehr eine Schutzfunktion über diese ausübte. Sodann modernisierte sich der Staat, dessen neue politische Ordnung sich in der Bundesverfassung von 1874 äusserte. Zeitgleich brach die Bundesregierung die Beziehungen zum Vatikan ab.

Im Kanton Bern wurde der Kulturkampf vornehmlich zwischen der Bevölkerung des Berner Juras und der Regierung des Kantons ausgetragen: Im Februar 1836 hatte der bernische Grosse Rat die so genannten Badener Artikel verabschiedet, welche das Verhältnis von Kirche und Staat regeln sollten. Dies widerstrebte den BewohnerInnen des katholischen Teils des Berner Juras, und unter französischem Druck musste der Grosse Rat seinen Beschluss schliesslich zurücknehmen. Die Absetzung des aus dem Jura stammenden Basler Bischofs Eugène Lachat, die Unterdrückungsmassnahmen gegen den mit Lachat solidarischen Klerus sowie das kantonale Kirchengesetz von 1874, das die Bildung christkatholischer Gemeinden vorsah, riefen den Widerstand der katholischen Jurassier hervor, die sich direkt an den Bund wandten. Die Lage beruhigte sich um 1878, doch bedurfte es eines halben Jahrhunderts, bis alle Nachwehen des Kulturkampfes verebbt waren.



Autor: Manuela Di Franco / Quelle: -1848